Strafbares Eindringen in fremdes Email-Konto

André Wernli  |  Zürich, 2. August 2019  |  PDF-Version downloaden
Das unbefugte Eindringen in ein passwortgeschütztes fremdes E-Mail-Konto ist unabhängig von der Art und Weise strafbar, wie der Täter an das Passwort gelangt ist. Aktives Handeln ist dabei nicht erforderlich. Das Bundesgericht weist die Beschwerde einer Frau ab, die sich mit dem zufällig gefundenen Passwort Zugang zum E-Mail-Konto ihres getrennt von ihr lebenden Mannes verschafft hat.

Die Frau war nach der Trennung von ihrem Mann mehrfach in dessen passwortgeschütztes E-Mail-Konto eingedrungen. Das Kennwort hatte sie zufällig auf einem Kärtchen gefunden, das er im Büroschreibtisch der früheren ehelichen Wohnung zurückgelassen hatte. Das Aargauer Obergericht bestätigte 2018 das erstinstanzliche Urteil, mit dem die Frau wegen mehrfachen unbefugten Eindringens in ein Datenverarbeitungssystem (Artikel 143bis Absatz 1 des Strafgesetzbuches, StGB) zu einer bedingten Geldstrafe und einer Busse verurteilt worden war.

In ihrer Beschwerde ans Bundesgericht machte sie geltend, dass der fragliche Tatbestand für das Eindringen in ein fremdes und zugriffgesichertes Datenverarbeitungssystem eine erhöhte kriminelle Energie verlange, wie dies etwa beim Hacking oder bei Phishing-Mails der Fall sei. Sie selber sei ohne irgendwelche kriminellen Machenschaften in den Besitz des Passwortes gelangt und habe sich nicht strafbar gemacht.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Die Betroffene hat die ihr nicht zustehende E-Mail-Adresse angewählt und das zugehörige Passwort eingegeben. Damit hat sie die elektronische Sicherung des Accounts umgangen und die Zugangsschranken überwunden.

Dass sie das Passwort nicht durch aktives Handeln erlangt, sondern dieses zufällig gefunden hat, ändert nichts. Für die Würdigung einer Tat als «Hackerangriff» im Sinne von Artikel 143bis Absatz 1 StGB ist es ohne Bedeutung, auf welche Art und Weise sich der Täter Zugang zum Passwort verschafft hat. Im Weiteren ist unbestritten, dass die Frau nicht berechtigt war, sich in das E-Mail-Konto des getrennt von ihr lebenden Mannes einzuloggen. Das unbewusste Zurücklassen, beziehungsweise Vergessen des Passworts in der vormals ehelichen Wohnung lässt sich nicht als Einverständnis für den Zugriff auf sein E-Mail-Konto verstehen.

Quelle: – Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 4. Juni 2019

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